Da sich nun auch die ersten Personen in meiner Blase bemerkbar machen, die sich von Greta Thunberg, Fridays for future oder schlicht dem Wort "Klima" getriggert fühlen und anfangen AFD-Sprech wie "Klimahysterie", "Moralhysterie" oder "Ökofaschisten" in den Mund zu nehmen oder alternativ den Finger nach China strecken, hier ein kleiner Denkanstoß.
Früher wurden Frauen, die für ihr fehlendes Wahlrecht auf die Straße gingen, ebenfalls als hysterisch bezeichnet. Nicht wenige in der Gesellschaft, Männer wie Frauen, fühlten sich von diesen "Emanzen" genervt. Dabei machten sich diese Aktivist_Innen nicht alle freiwillig zur Zielscheibe, sondern weil es sonst niemand tat und weil sie von ihrer Sache überzeugt waren. Ich durfte in den letzten Monaten für ein Serienprojekt einige Personen (Frauen wie Männer) interviewen, die einst für das fehlende Stimmrecht der Frauen auf die Straße gingen und die dafür massiv angegriffen und bedroht wurden. Jedoch ausschließlich auf persönlicher Ebene, verbal wie körperlich. Eine inhaltliche Debatte fand kaum statt, weil die Gegnerschaft (mehrheitlich ältere, männliche Herrschaften) außer ihren Emotionen, ihren Verlustängsten, außer ihren lieb gewonnenen Traditionen und Privilegien keine Argumente aufbringen konnten.
Kommt einem bekannt vor, nicht? Die Gesellschaft braucht solche gewaltfreien Blitzableiter, damit sich etwas bewegt. Insbesondere in konservativen Hochburgen. Ich hoffe nur inständig, dass wir beim Klimaschutz die Kurve schneller kriegen als bei der Gleichberechtigung der Frau.
Ich verstehe, wenn jemand von der medialen Flut oder der moralischen Debatte genervt, frustriert oder überfordert ist. Das ändert aber nichts an der Sache. Nichts an der Richtigkeit. Das sage nicht ich, das sagen 99% der Wissenschaftler_Innen weltweit. Und ich glaube, niemand in meiner Blase, egal wie genervt sie oder er auch sein mag, egal wie stolz man auf den eigenen Zweit-SUV auch ist, egal wie oft man mit dem Flieger zwischen Köln und Berlin pendelt, würde dies bestreiten. Wir müssen diskutieren, wir müssen streiten, aber verwechselt bitte nicht Thema mit Personen. Nicht den medialen Lärm mit der Dringlichkeit dahinter. Nicht die Aktivist_Innen verantworten die Klimaerwärmung, sondern wir alle. Ja, auch du, ja vor allem auch ich, der gerade ein Macbook bedient, das in China zusammengebaut wurde.
Wir sind die erste Generation, die die Klimaerwärmung am eigenen Leib zu spüren bekommen. Die Gletscher schmelzen vor unseren Augen. Die Korallenriffe sterben. Die Wälder gehen zu Grunde (auch und vor allem in Deutschland, wo nur noch 28% der Wälder gesund sind). Das ist die Realität in der wir alle leben. Ich würde auch lieber so weiter machen wie vor 10/20 Jahren. Sorgenfreier, einfacher, bequemer. Aber jene Chance ist lange verstrichen. Nun gehören wir der letzten Generation an, die die Klimaerwärmung noch eindämmen kann (resp. auf 1.5 Grad beschränken). Das haben wir uns alle nicht ausgesucht, aber darauf nimmt die Realität leider keine Rücksicht und davor schützen uns auch keine gefühlten Wahrheiten, keine Parolen wie "aber die Chinesen sind noch viel schlimmer" und erst recht keine faulen Postings und Tweets, egal wie gut sie sich auch anfühlen. #Sorrynotsorry
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